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Einordnung der Neuerungen1
1 Es handelt sich um eine stark vereinfachte Darstellung, welche eine rasche erste Einordnung der Thematik ermöglichen soll. Jedes Institut sollte die Relevanz und den konkreten Handlungsbedarf individuell-konkret bestimmen.
Hauptmerkmale und Zweck
Da sowohl die Schweiz als auch das Vereinigte Königreich nicht Teil der Europäischen Union sind, werden sie gleichermassen mit Herausforderungen beim Marktzugang auf europäischer Ebene konfrontiert. Deswegen profitieren beide Länder von dieser Kooperation, welche die grenzüberschreitende Geschäftstätigkeit erleichtern und somit den Wettbewerb fördern soll. Gleichzeitig soll das Abkommen die Stabilität und Integrität des Finanzmarktes sichern und den Kundenschutz gewährleisten.
Ausgangspunkt für das Abkommen ist die Anerkennung der Gleichwertigkeit des Rechts- und Aufsichtsrahmens in ausgewählten Gebieten im Finanzbereich. Dieses System der gegenseitigen Anerkennung wird durch eine verstärkte Zusammenarbeit bei der Aufsicht und Regulierung ergänzt. Im Vergleich zu einer unilateralen Anerkennung der Gleichwertigkeit bietet das Abkommen eine grössere Rechtssicherheit, da es eine bilaterale Grundlage für den gegenseitigen Marktzugang schafft. Dies bedeutet jedoch auch, dass das Abkommen in Zukunft durch Änderungen in der grundlegenden Gesetzgebung eines der Länder tangiert werden könnte.
Geltungsbereich
Der Geltungsbereich des Abkommens umfasst die Bereiche Banken, Wertpapierdienstleistungen, Versicherungen, Vermögensverwaltung und Finanzmarktinfrastrukturen. Nachfolgend wird insbesondere auf die Ermöglichung und Erleichterung des grenzüberschreitenden Marktzutritts für Schweizer Finanzdienstleister eingegangen, während die weiteren Elemente des Abkommens kurz dargestellt werden.
Erleichterter Marktzugang für Schweizer Finanzdienstleister
Das Abkommen ermöglicht es Schweizer Banken, Wertpapierhäusern, Verwaltern von Kollektivvermögen, Fondsleitungen und Vermögensverwaltern, vermögenden britischen Privatkunden (Vermögen ab 2 Millionen britischen Pfund) sowie professionellen und institutionellen Kunden Finanzdienstleistungen anzubieten. Dies kann direkt aus der Schweiz oder im Rahmen temporär begrenzter Einsätze vor Ort im Vereinigten Königreich erfolgen. Vom Abkommen erfasst sind unter anderem die klassischen Finanzdienstleistungen Vermögensverwaltung, Anlageberatung und Execution-Only sowie Nebendienstleistungen wie die Gewährung von Krediten für die Durchführung von Geschäften mit Finanzinstrumenten. Dabei können Finanzdienstleister wie bis anhin Schweizer Recht anwenden und sind von britischen Bewilligungs- und aufsichtsrechtlichen Anforderungen befreit.
Voraussetzung für die Inanspruchnahme des Abkommens ist zunächst eine Meldung an die britische Financial Conduct Authority (FCA) – mit Kopie an die FINMA - unter Angabe der Dienstleistungen, die in das Vereinigte Königreich erbracht werden sollen, sowie der davon erfassten Kunden. Dies erfolgt für die Zwecke der Eintragung in ein von der FCA geführtes Register. Relevante Änderungen zu diesem Registereintrag sind sodann laufend der FCA (mit Kopie an die FINMA) zu melden.
Die Betreuung von britischen Privatkunden (natürliche Personen und private Anlagestrukturen), welche den Schwellenwert von GBP 2 Mio. überschreiten, setzt eine schriftliche Erklärung des Kunden in einem eigenständigen Dokument mit angemessener Risikoaufklärung voraus. Weiter besteht gegenüber allen Kunden eine Offenlegungspflicht, wo unter anderem auf die fehlende britische Bewilligung sowie die fehlende Teilnahme am britischen Entschädigungssystem betreffend Finanzdienstleistungen hinzuweisen ist.
Eine temporäre Betreuung von Kunden vor Ort im Vereinigten Königreich ist so lange bewilligungsfrei möglich, als dass damit (gemäss anerkannten steuerrechtlichen Prinzipien) keine Betriebsstätte im Vereinigten Königreich begründet wird.
Schweizer Finanzinstitute, welche vom Abkommen Gebrauch machen, haben der FCA (mit Kopie an die FINMA) jährlich über ihre entsprechenden Aktivitäten Bericht zu erstatten (bezüglich Kundenanzahl, Dienstleistungsart, Gesamtumsatz, Kundenbeschwerden etc.).
Für britische Anbieter von Finanzdienstleistungen ist die grenzüberschreitende Geschäftstätigkeit in der Schweiz bereits heute grösstenteils möglich, vor allem für professionelle Kunden. Dies wird im Abkommen explizit festgehalten. Zusätzlich können britische Kundenberater unter gewissen Voraussetzungen vermögende Privatkunden in der Schweiz temporär vor Ort betreuen, ohne sich in der Schweiz registrieren zu müssen.
Asset Management – Werbung und Angebot
Die bestehenden nationalen Regelungen für die Werbung und das Angebot von kollektiven Kapitalanlagen, die Delegation von Anlageentscheidungen und das Portfoliorisikomanagement werden bestätigt.
Versicherungen
Das Abkommen ermöglicht Versicherungsunternehmen aus dem Vereinigten Königreich eine grenzüberschreitende Tätigkeit und Schweizer Versicherungen die Erbringung grenzüberschreitender Versicherungsdienstleistungen für grosse Firmenkunden. Die Bereitstellung von Unfall-, Kranken- und die meisten Arten von Haftpflichtversicherungen in der Schweiz sowie Monopolversicherungen (z.B. Gebäudeversicherung) aller Art für professionelle Versicherungsnehmer sind nicht abgedeckt.
Börsen und weitere Finanzmarktinfrastrukturen
Das Abkommen erleichtert die Einhaltung bestimmter Verpflichtungen bei grenzüberschreitenden Transaktionen und bestätigt die gegenseitige Anerkennung des allgemeinen Rechts- und Aufsichtsrahmens für Handelsplätze.
Sustainable Finance
Die Schweiz und das Vereinigte Königreich werden zukünftig auch im Bereich nachhaltige Finanzen enger zusammenarbeiten und ein Programm über die Möglichkeit einer gegenseitigen Anerkennung entsprechender Regeln und Standards erarbeiten.
Nächste Schritte und Handlungsbedarf
Das unterzeichnete Abkommen muss durch die Parlamente beider Länder genehmigt werden, bevor es in Kraft treten kann. Der Bundesrat wird eine Botschaft vorbereiten, welche dem Parlament noch in diesem Jahr vorgelegt werden soll. Der genaue Zeitpunkt des Inkrafttretens ist aktuell noch nicht bekannt.
Schweizer Finanzdienstleister mit Bezug zum Vereinigten Königreich können sich aber bereits jetzt mit den neuen Möglichkeiten unter dem Abkommen vertraut machen und daraus entstehende Chancen und Opportunitäten in ihre strategischen Überlegungen einfliessen lassen.
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