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Veräusserung eigener Aktien – Bundesgerichtlicher Leitentscheid

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Gemäss Aktienrecht darf eine Aktiengesellschaft eigene Aktien erwerben, sofern sie über frei verwendbares Eigenkapital in der Höhe des Anschaffungswerts verfügt und der Nennwert der zurückgekauften Aktien 10 % des Aktienkapitals gemäss Handelsregister nicht übersteigt. Steht der Erwerb im Zusammenhang mit einer Übertragbarkeitsbeschränkung, so beträgt die Höchstgrenze 20 %. Die über 10 % hinaus erworbenen Aktien sind innert zweier Jahre zu veräussern oder durch Kapitalherabsetzung zu vernichten.

Kauft eine Kapitalgesellschaft eigene Kapitalanteile zurück, führt dies zu einer Entreicherung bei der Kapitalgesellschaft: Die Gesellschaft gibt bei einem solchen Geschäft zwar finanzielle Mittel hin, erwirbt aber im Gegenzug nichts, das ihr nicht schon zuvor gehörte. Konsequenterweise werden eigene Kapitalanteile gemäss Rechnungslegungsrecht nicht aktiviert, sondern reduzieren im Umfang der Anschaffungskosten das Eigenkapital und werden in der Jahresrechnung als Minusposten ausgewiesen. Werden die erworbenen eigenen Aktien nicht vernichtet, sondern veräussert, ist der Minusposten im Eigenkapital aufzulösen.

Nach überwiegender Auffassung ist der Differenzbetrag zwischen Ausgabepreis und Anschaffungskosten buchhalterisch – analog einer Kapitalerhöhung – erfolgsneutral im Eigenkapital zu erfassen, wobei vereinzelt auch die erfolgswirksame Behandlung von Mehr- oder Minderwerten im Sinne eines Wahlrechts für zulässig erachtet wird.

 

Entscheid des Bundesgerichts vom 6. Juni 2024

Gemäss Sachverhalt erwarb eine an der Schweizer Börse kotierte Holdinggesellschaft eigene Aktien für ein Mitarbeiterbeteiligungsprogramm. Im Rahmen der Zuteilung dieser eigenen Aktien an die Mitarbeitenden entstand ein Gewinn zwischen den Anschaffungskosten und dem Wiederbegebungspreis, das heisst bezüglich dem Wert zum Zeitpunkt der Zuteilung. Die Gesellschaft verbuchte die Differenz – in Übereinstimmung mit den handelsrechtlichen Verbuchungsvorschriften – erfolgsneutral in der gesetzlichen Kapitalreserve.

Das Bundesgericht hatte sich in diesem Fall mit der Frage zu beschäftigen, ob der Differenzbetrag zwischen Wiederbegebungspreis im Rahmen des Mitarbeiterbeteiligungsprogramms und Anschaffungskosten bei der steuerpflichtigen Holdinggesellschaft eine steuerneutrale Kapitaleinlage darstellt oder aufgrund einer steuerrechtlichen Korrekturvorschrift als steuerbarer Kapitalgewinn beim steuerbaren Reingewinn aufzurechnen ist.

Das kantonale Steueramt sowie die Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) waren der Auffassung, dass basierend auf einer steuerrechtlichen Korrekturvorschrift eine Abweichung vom handelsrechtlichen Ausweis zulässig sei, und der Mehrerlös entsprechend einen steuerbaren Kapitalgewinn darstelle.

Das Bundesgericht hält fest, dass die von der ESTV vorgebrachte Korrekturnorm, welche besagt, dass sich der steuerbare Reingewinn aus der Erfolgsrechnung nicht aus gutgeschriebenen Erträgen zusammensetzt, vorliegend nicht einschlägig sei, da bei der Wiederbegebung eigener Aktien gerade kein «Ertrag» erzielt werde. Soweit in einem Mitarbeiterbeteiligungsprogramm zuvor von der Gesellschaft zurückgekaufte eigene Aktien ausgegeben würden, sei darin eine steuerfreie Kapitaleinlage zu sehen. In Übereinstimmung mit den vorinstanzlichen Ausführungen führt das Bundesgericht aus, dass die von der Steuerpflichtigen gewählte erfolgsneutrale Verbuchung nicht zu beanstanden sei.

Mit dem vorliegenden Leitentscheid äusserte sich das Bundesgericht somit erstmalig zur Frage der gewinnsteuerlichen Behandlung eigener Aktien und hat Klarheit geschaffen, dass nicht jede Vermögenszunahme auf Stufe der Gesellschaft einen steuerbaren Gewinn darstellen muss. Entsteht bei der Wiederbegebung eigener Aktien eine positive Differenz zwischen Anschaffungskosten und dem Wiederbegebungspreis, kann der Gewinn mangels Ertrags nicht als steuerbar qualifiziert werden.

Der Erwerb und die Wiederbegebung eigener Beteiligungsrechte werfen diverse steuerliche Fragen auf, welche es im konkreten Fall zu klären gibt.

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